Der Tränenstein
(Therapeutische Geschichte)
Eines Tages fand Simon einen Stein – mitten auf der Wiese neben seinem Haus. Der Stein schimmerte in vielen Farben. Er gefiel ihm und Simon nahm ihn mit. Vielleicht könnte er ihn Kiana schenken, um ihr nochmals zu zeigen, wie sehr er sie mochte. Also verpackte er den Stein und brachte ihn zu Kiana. Er liebte Kiana schon lange und hatte ihr das schon einige Male gestanden. Sie hatte sich meist zögerlich gezeigt. Mit dem funkelnden Stein wollte er nun ihr Herz gewinnen. Als er zu ihr kam, sah er sie – und ein anderer Mann hielt ihre Hand. Sie erschraken beide und Simon ging mit gesenktem Haupt und Tränen in den Augen davon. Sein Herz war gebrochen und schmerzte bei jedem Schritt.
Zuhause angekommen packte er den Stein wieder aus und betrachtete ihn. Er funkelte bunt in seiner Hand. Da fiel eine der Tränen, die Simon weinte, auf den Stein … und verschwand. Es sah aus, als ob der Stein die Träne absorbieren würde. Dort, wo sie auf den Stein geflossen war und ihn für einen Moment dunkler gefärbt hatte, war nichts mehr zu sehen. Der Stein fühlte sich trocken an. Simon weinte in den folgenden Stunden und Tagen noch einige Tränen. Manche davon fielen auf den „Tränenstein“, so hatte Simon ihn genannt. Mit jeder Träne floss auch etwas vom Schmerz und Leid aus Simon.
Eines Tages, als wieder eine Träne auf den Stein fiel, brach der Stein auseinander. In der Mitte des Steins war ein dunkler Kern zu sehen. Noch immer traurig über seine verlorene Liebe und den Stein, warf Simon die Reste vor sein Haus auf den Boden. In dieser Nacht weinte auch der Himmel und es regnete aus allen Wolken. Als Simon am nächsten Morgen aufwachte, sah er, wie ein zartes Pflänzchen dort gewachsen war, wo er die Reste des Tränensteins hingeworfen hatte.
Nach einer Weile war aus dem Pflänzchen eine wunderschöne Blume gewachsen. Simon hat das Pflänzchen auch gegossen und gepflegt. Als die Blume erblühte, stand eines Tages ein Mädchen davor und betrachtete die Blume. Sie fragte Simon, woher diese Blume sei und er erzählte die Geschichte des Tränensteins. Jasmina, so hieß sie, war gerührt und hatte Tränen in den Augen. Sie erzählte nun ihrerseits, wie sie über viele Tage und Woche immer wieder von genau dieser Blume geträumt hatte. Der Wunsch, diese Blume zu finden wuchs in ihr und so war sie losgegangen.
Als beide sich ansahen, wurden ihre Blicke heller und ihre Herzen schlugen schneller.
So wie einst das Pflänzchen wuchs nun ihre Liebe.
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(© Praxis Der Zuhörer – Steffen Zöhl, 2017)