Angst als positiven Begleiter und Potenzial erkennen

 

Ob als Schüler, Student, Auszubildender oder in anderen Prüfungs- oder prüfungsähnlichen Situationen – viele Menschen kennen Prüfungs- und Redeängste. Sie äußern sich unterschiedlich, aber oft gehören körperliche Anspannung und Nervosität, ein erhöhter Puls, zittrige oder kalte Hände, ein flaues Bauchgefühl bis Bauchschmerzen, Beklemmung, Atemprobleme, ein trockener Mund und eine angestrengte Stimme dazu. (Selbst)Zweifel tauchen immer wieder auf. Manche Prüflinge spüren eine derartige Anspannung, dass sie einen Blackout erleben und das Gefühl haben, nichts mehr zu wissen. Meist dreht es sich bei der Angst um die Bewertung der persönlichen Leistung(sfähigkeit), das Bewertet-werden, die den Betroffenen daran hindern kann, sein Wissen und/oder Können bei einer Prüfung unter Beweis zu stellen. Prüfungsangst kann jeder entwickeln, sie tritt bei Personen mit Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten häufiger auf. Wenn Prüfungsangst zu einer dauerhaften oder starken Belastung wird, kann sie einen Krankheitswert haben. Nach ICD 10 würde sie als soziale Phobie F40.1 oder ggf. andere Angststörung F41.x diagnostiziert. Es gibt gute therapeutische Möglichkeiten, Klienten ihre Prüfungsängste abbauen und bewältigen zu lassen.

Angst wirkt sich auf die Konzentration aus – eigentlich positiv. Angst versetzt den Körper in einen Aktivierungsmodus, was grundsätzlich zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit, Konzentration, Wachsamkeit, Energie und Aktivität führt. Da Angst eine Reaktion auf eine wahrgenommene, vorgestellte oder erwartete Gefahr bzw. Bedrohung ist, dient sie dem (Überlebens)Schutz. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln werden verstärkt mit Sauerstoff versorgt, die Fettreserven angegriffen und Wachsamkeit und Körperspannung erhöhen sich. Reaktionsmuster auf Angst sind Kampf (Verteidigung, Aggression), Flucht (Schutz, Vermeiden) oder ggf. Erstarren (wie-gelähmt-sein, Resignation, Unterwerfung).

Eine gewisse Angst wirkt sich sogar positiv auf die Konzentration und Leistungsfähigkeit aus. Gegenspieler der Angst sind z.B. Mut und Entspannung. In einem entspannten Zustand empfindet man keine Angst (und umgekehrt). Entspannungsmethoden können dazu beitragen, auch mit Prüfungssituationen besser umzugehen. Eine gute Vorbereitung zum Thema ist natürlich der wichtigste Ausgangspunkt für ein erfolgreiches Bestehen einer Prüfung und Basis eines entspannte(re)n Herangehens. Dabei hilft es, sich langfristig vorzubereiten und sich auch Prüfungssituationen oder -simulationen zu stellen. Das Wahrnehmen von Vorbereitungskursen, Konsultationen, Gruppenübungen und gegenseitiges Testen sind bspw. Möglichkeiten, sich an das Gefühl „geprüft werden“ zu gewöhnen. Eine langfristige, geplante Vorbereitung – stufenweises Lernen mit Pausen und auch körperlicher Betätigung (Sport, Spaziergänge) zwischendurch ermöglichen oft ein tieferes Verständnis und entspannteres Lernen.

Interessanterweise gibt es das Phänomen Prüfungsangst auch bei Prüfern. Auch Prüfer sind Menschen und die können Fehler machen, können Angst vor Fehlern, Blamage und dem Nicht-Bestehen der Prüflinge haben. Viele Prüfer haben ihre Lieblingsthemen, Eigenheiten Fragen zu stellen oder legen besonderen Wert auf bestimmte Kenntnisse und Antworten. Sich mit den Besonderheiten eines Prüfers auseinanderzusetzen, kann ebenso dazu beitragen, ein gutes Grundgefühl für die Prüfung und die eigene Vorbereitung zu bekommen.

Ein Grundbedürfnis der Menschen ist die Anerkennung (anderer Menschen). Wir leben in einer leistungs- und materialistisch orientierten Gesellschaft. Das führt dazu, dass wir oft Anerkennung für Leistungen, Prestigeobjekte, einen erworbenen Status/Titel, Vermögen oder (manchmal wenig rühmlichen) Bekanntheitsgrad bekommen. In der Schule werden wir nicht nach individuellem Fortschritt oder Verbesserung unserer Leistung bewertet, sondern nach einem Bewertungsprinzip zu gemerktem oder angewandten Wissen. Eine einmalige unangenehme Erfahrung, wie eine Schulnote, die schlechter ausfiel, als erwartet, kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Der Eine nimmt es als Ansporn und lernt beim nächsten Mal mehr, der Andere verzweifelt daran und glaubt, dass er es auch bei nächsten Malen nicht schaffen wird.

Redeängste sind den Prüfungsängsten recht ähnlich. Es geht darum, bewertet zu werden, um Scham, Schüchternheit, Minderwertigkeitsgefühle oder Angst davor, Fehler zu machen, missverstanden zu werden, sich zu blamieren, ausgelacht oder gehänselt zu werden. Der innere Druck und die Angst davor, dass so etwas passieren kann, sind teilweise größer und werden schlimmer empfunden, als das Eintreten der Befürchteten.

(vgl. Wikipedia Prüfungsangst)

Sozialkompetenzen, das familiäre Umfeld, der Freundeskreis, die Erziehung (Glaubenssätze), die Weltanschauung, das Selbstbild / Selbstbewusstsein des Prüfling und gemachte Erfahrungen sind einige Faktoren, die das Entstehen von Prüfungs- und Redeängsten beeinflussen können. In meiner Praxis in Charlottenburg widme ich mich verstärkt den Themen Ängste / Phobien, Stress und Selbstwert. Dabei gehe ich oft in einem mehrstufigen Prozess vor:

  • Ich erkenne meine Angst.
  • Ich erkenne meine Angst an.
  • Ich suche & finde eine positive Absicht / Botschaft.
  • Ich verstehe meine Angst.
  • Ich danke meiner Angst.
  • Ich nehme meine Angst als einen Teil von mir an.

 

Erfreulicherweise durfte ich schon einige Klienten unterstützen, die ihre Prüfungsängste erfolgreich abbauen konnten.

Diese Möglichkeiten nutze ich -ergänzen- auch bei Coachees, die ich auf die mündliche Überprüfung in den Gesundheitsämtern Lichtenberg, Tempelhof / Schöneberg oder Potsdam vorbereite.

 

Beispiel Prüfungsangst



Kleine Übung für den Akutfall

· Stelle Dich möglichst bequem und aufrecht hin.

· Lächle

· Atme tief ein – verlangsame möglichst Deine Atmung.

· Wie würde ein Weiser Deine Situation einschätzen :
– Ist die Angst begründet ?
– Wofür könnte es gut sein, wenn Deine Angst tatsächlich begründet wäre ?
– Was könnte schlimmsten Falls wirklich passieren ?
– Wie wahrscheinlich ist das – objektiv betrachtet ?
– Welche Konsequenz hätte das ?
– Was würdest Du dann tun ? Was wären Deine Alternativen ?
– Was sollte bestenfalls passieren ?

· Lächle !








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