Mit meinen Augen (Therapeutische Geschichte)

– zum 10. Geburtstag von Luna –

 

Morgens, wenn ich aufwache, freue ich mich so sehr, dich zu sehen und zeige dir das. Ich liebe es, mit dir zu kuscheln und noch etwas länger im Bett zu liegen. Wenn ich dich ansehe, merke ich gleich, ob es dir gut geht und wie du dich fühlst und umgekehrt, siehst du es mir auch an. Oft verstehe ich zwar nicht, was dich bewegt, aber wenn es dir mal nicht so gut geht, dann kuschel ich mich einfach an dich oder küsse deine Tränen weg. In solchen Momenten bin ich einfach da und frage nicht. Und ich passe auf, wenn irgendwelche Leute, in deine Nähe kommen. Da bin ich sehr aufmerksam. Dafür bist du mir viel zu wertvoll.

 

Ich finde, du bist mit deinen Gedanken und Gefühlen oftmals zu sehr schon in der Zukunft oder noch in der Vergangenheit. Du sorgst dich vor Dingen, die noch passieren KÖNNTEN oder davor, dass sie es nicht tun KÖNNTEN. Mich interessiert das nicht. Würde ich über alles nachdenken, was passieren könnte, würde ich die vielen tollen Dinge, die gerade geschehen, vielleicht nicht erleben oder bemerken. Das fände ich schade.

 

Manchmal hast du Angst, es könnten sich Dinge wiederholen, nur weil sie schon mal passiert sind. Und dann hältst du an der Angst fest. Du hältst solange fest, bis du entweder viele neue Erfahrungen gemacht hast, die gut waren oder dich durch deine Angst gequält hast. Das verstehe ich dann oft nicht. Denn ich lebe am liebsten im Hier und Jetzt. Ich bin erst zehn Jahre alt, aber für mich ist das ganz einfach. Wenn es etwas zum Fürchten gibt – zum Beispiel einen großen Hund- habe ich Angst. Wenn kein großer Hund da ist, hab ich auch keine Angst mehr. Ich denke nicht darüber nach, ob/dass ein großer Hund kommen könnte oder was hätte passieren können. Dafür ist meine Welt viel zu spannend und schön. Der Moment zählt – wenn ich glücklich sein kann, bin ich es.

 

Manchmal fragst du Dich, ob du gut genug für die Welt bist und ob dich jemand lieb haben könnte. ICH habe dich einfach lieb – ganz doll sogar. Nie käme ich auf die Idee, zu fragen, warum oder ob du ‘genug’ für irgendwas sein könntest. Du BIST – es gibt dich und das ist alles, was für mich zählt. Einmal, als es mir schlecht ging, hast du geweint und gefragt, was du falsch gemacht haben könntest. Du dachtest daran, dass du -ausgerechnet Du, die sich so liebevoll um mich kümmert- daran Schuld haben könntest. Ich glaube nicht an Schuld. Letztlich kam sogar heraus, dass du mir mein Leben gerettet hast. Dafür bin ich dir dankbar, denn ich bin sehr gerne bei dir. Irgendwann werde ich das nicht mehr sein. Auch das ist in Ordnung für mich. Denn bis dahin lebe und liebe ich jeden Tag.

 

Wenn dich jemand verletzt hat oder dir etwas Unangenehmes passiert ist, bist du traurig oder wütend. Das bin ich auch manchmal. Und dann laufe ich weiter und sehe etwas Neues. Das ist dann viel spannender für mich. Das was war, lasse ich hinter mir. Manches vergesse ich auch gleich wieder. Wozu sollte ich an Gedanken oder Gefühlen festhalten, die mich traurig oder wütend machen? Da kuschel ich lieber mit dir und genieße den Augenblick.

 

Oftmals überlegst Du, was andere über dich denken könnten, wenn du etwas tust oder nicht tust. Manchmal machst du Sachen, weil du glaubst, du wüsstest, was andere sonst über dich denken. Ich mache das einfacher. Wenn mir etwas gefällt, zeige ich das – wenn nicht, sage ich das auch. Was die anderen darüber denken? Am einfachsten ist für mich, wenn ich weiß, was meinem Gegenüber gefällt und was nicht. Wenn andere so wenig darüber nachdenken, was ich tue, wie ich darüber nachdenke, was sie tun … kann ich meine Zeit mit viel schöneren Dingen füllen.

 

Könntest du die Welt mit meinen Augen sehen…

– du würdest wohl weniger Probleme und Sorgen haben, dir weniger Gedanken machen über das, was andere denken könnten und dich weniger fragen, was du an dir ändern könntest.

© Praxis Der Zuhörer - Steffen Zöhl, 2017– du würdest dein Leben und Essen mehr genießen, dir die glücklichen Momente suchen, dich daran erfreuen, wenn dir die Sonne auf den Bauch scheint und beim Kuscheln die Zeit und alles andere einfach vergessen.

– du würdest Fahrstühle hassen, Hühnchen und Möhrchen lieben, jedes Wetter so nehmen, wie es ist und trotzdem raus wollen, die Welt um dich herum jeden Tag erkunden, dich einfach toll fühlen, genau so, wie du bist und wärest fest davon überzeugt, dass du alles, was an tollen Dingen so möglich ist, auch verdient hast.

 

Also ich finde dich ja toll, so wie du bist…

 

(Luna, 10 Jahre, Malteser-Hündin)

 

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(© Praxis Der Zuhörer – Steffen Zöhl, 2017)

 

 

 

 

 

 

 

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