Das Weihnachtslicht (Therapeutische Geschichte) 8/8

Ein Weihnachtslicht ist eine besondere Erscheinung. Es leuchten zwar zur Weihnachtszeit viele Lichter, aber Weihnachtslichter leuchten, wo menschliche Wärme, Herzlichkeit und Liebe sich zeigen. Dabei ist ein Weihnachtslicht nicht unbedingt heller oder größer als andere Lichter und es leuchtet auch nicht nur im Dezember. Es ist aber ein Licht, das so voller Wärme leuchtet, dass es Menschen berührt und Herzen wärmt. Von acht dieser Weihnachtslichter will ich Euch berichten.

 

8. Licht „Der Wunschzettel“
-gewidmet all denen, die an andere denken und die Welt jeden Tag im Kleinen und Großen etwas besser machen-

Theo(dor) ist acht Jahre alt und schreibt seinen Wunschzettel zum Weihnachtsfest. Als seine Mutter ihn findet, stutzt sie und spricht mit ihrem Mann. Eine neue Schultasche, neue Sportschuhe, eine blaue Winterjacke, eine Spiderman-Trinkflasche, eine Taschenlampe, einen MP3-Player und einen Schokoladenweihnachtsmann.

Ganz schön viel überlegen sich die Eltern. Die Mutter schaut in den Flur. Der Schulranzen ist nicht mehr neu, aber auch nicht so abgenutzt, dass er unbedingt ausgetauscht werden müsste, gleiches gilt für die Sportschuhe. Eine weitere Winterjacke – nun gut, Trinkflasche, Taschenlampe, MP3-Player – wären auch kein Problem. Aber irgendwie passte es nicht zu Theo. Sonst hatte er nie so viele Wünsche geäußert.

„Er wird auch älter.“, dachten sich die beiden, „Es könnte auch schlimmer sein. Und naja – er ist ja meistens ein guter Junge. Wir könnten das schon möglich machen.“ Und doch schlafen beide mit einem eigenartigen Gefühl ein und fragen sich, was ihren Sohn so verändert haben könnte.

Beim nächsten gemeinsamen Frühstück fragen sie ihn, wie er auf seine Liste gekommen ist. „Ist es zu viel?“, fragte Theo? „Nein, das geht schon in Ordnung. Wir fragen uns nur, was mit Deinem Schulranzen und den Sportschuhen nicht mehr ok ist?“, antwortete ihm seine Mutter.

„Weißt Du Mama, mit meiner Schultasche ist alles ok.“ Die Mutter stutzte und sah Theo fragend an. „Aber Marios Tasche ist so kaputt, dass er schon seine Sachen in einen Beutel hinlegt, damit sie nicht herausfallen. Seine Eltern haben momentan nicht so viel Geld. Ich wollte ihm eine Freude machen. … Das macht man doch zu Weihnachten.“ Die Eltern sahen sich sprachlos an. “ … und anderen Sachen?“, fragte der Vater vorsichtig nach. „Naja, eine Winterjacke bräuchte er auch, seine ist recht dünn und er zieht dann immer mehrere Pullover an. Und Leon fand meine neuen Schuhe so toll, weil die schon in dem großen Fußballstadion waren – dann brauche ich andere. Sophie fährt sehr lange mit dem Bus – dann kann sie Musik hören und fühlt sich nicht so allein. Die Taschenlampe ist für Oma, dann findet sie ihre Brille besser, wenn sie mal wieder unter das Sofa fällt. … Die Trinkflasche könnte ich für den Sportunterricht brauchen, da habe ich immer mehr Durst und der Weihnachtsmann …“, da grinste er nur noch.

Die Eltern waren so stolz auf ihren kleinen Jungen. Der Vater strich ihm über den Kopf und in den Augen der Mutter löste sich eine Träne. Die Kerze auf dem Tisch leuchtete wohl noch nie so warm und hell … und ein Weihnachtslicht wurde geboren.

 

 


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(© Praxis Der Zuhörer – Steffen Zöhl, 2016)

 

 

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