Das Weihnachtslicht (Therapeutische Geschichte) 7/8

Ein Weihnachtslicht ist eine besondere Erscheinung. Es leuchten zwar zur Weihnachtszeit viele Lichter, aber Weihnachtslichter leuchten, wo menschliche Wärme, Herzlichkeit und Liebe sich zeigen. Dabei ist ein Weihnachtslicht nicht unbedingt heller oder größer als andere Lichter und es leuchtet auch nicht nur im Dezember. Es ist aber ein Licht, das so voller Wärme leuchtet, dass es Menschen berührt und Herzen wärmt. Von acht dieser Weihnachtslichter will ich Euch berichten.

 

7. Licht „Der Hund des Fleischers“
-gewidmet Luna-

Amadeo hatte einen kleinen Laden, in dem er Fleisch verkaufte. Seinem kleinem Sohn hatte er einen Hund geschenkt. Oftmals kauften die Leute das Fleisch, ließen es von Amadeo entbeinen und dann bekam der Hund den Knochen. Seine Kunden kannten das und die meisten waren damit sehr einverstanden. Sein Sohn liebte diesen Hund und spielte oft im und vor dem Laden mit ihm. Die Familie hatte nicht viel, aber der Laden ermöglichte ein recht angenehmes Leben.

Eines Tages kam ein neuer Kunde in den Laden. Er war gut gekleidet und kaufte etwas Fleisch. Seine Nachbarin hatte ihm Amadeos Fleischgeschäft empfohlen. Auch dieser Kunden ließ sich die Knochen aus dem Fleisch entfernen. Gerade wollte Amadeo den Knochen dem Hund wie gewohnt zuwerfen. Als der Mann das sah, sagte der Mann „Den Knochen packen Sie bitte ein.“

Amadeo war verwundert, warum war dieser Mann wohl so knauserig war. Gönnte er seinem Hund nicht mal einen Knochen? Dieser Kerl musste wohl ein gemeiner, geiziger Mensch und Hundehasser sein. Der sah auch gleich so komisch aus. „Naja, wer weiß, wo der auch herkommt!“, dachte er sich, als der Mann seinen Einkauf einpackte und zur Tür hinausging. Der Mann schaute auf den kleinen Sohn und den Hund und ging.

Kurz darauf kaufte der Mann wieder bei Amadeo ein. Diesmal ein Stück Filet. „Na klar – der kauft natürlich Fleisch gleich ohne Knochen – damit er bloß nichts an den Hund abgeben muss“, dachte sich Amadeo noch und unterdrückte sein Grummeln. Der Mann lächelte und ging. „Wie kann jemand einfach Hunde hassen? Der Hund hat ihm doch gar nichts getan. Aber was interessiert den schon mein Hund?“

Einige Tage später kam der Mann erneut. In Amadeo brodelte es schon, als er den Mann nur sah, aber war er höflich – schließlich war es ein Kunde. Wieder bestellte der Mann ein Stück Fleisch und ließ sich den Knochen herausschneiden. „Lassen sie ruhig etwas Fleisch am Knochen.“, sagte der Mann zu Amadeo. „Nun gut“, dachte sich Amadeo und schnitt großzügig den Knochen frei. Amadeo wollte den Knochen gerade einpacken, da nahm der Mann den Knochen und gab ihm den Hund. Er streichelte ihn und wollte gerade gehen, als sich Amadeo ein Herz fasste und ihn ansprach.

„Werter Herr, ich verstehe das nicht. Ihr habt nun schon mehrfach bei mir eingekauft und dem Hund keine Knochen gegeben. Was ist geschehen?“ Der Mann sah ihn freundlich an und sagte „Beim ersten Mal kaufte ich Huhn. Ich wusste zwar von meiner Nachbarin, dass Ihr die übrig gebliebenen Knochen gerne mal Eurem Hund gebt, aber ich sah auch Euren Sohn.“ Amadeo blickte ihn verwundert und fragend an. „Euer Sohn liebt diesen Hund ganz offensichtlich. Hühnerknochen können leicht splittern und Hunde könnten sich daran verletzen oder sogar sterben. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen.“, sagte der Mann ruhig, “…und ich konnte die Knochen noch auskochen. So wurde die Brühe kräftiger. Mein Sohn war erkältet – die Suppe hat ihm geholfen.“

Amadeo war sprachlos – das hatte er nicht erwartet. Der Mann sah die Verwunderung in Amadeos Gesicht. „Beim zweiten Mal ging es meinem Sohn schon wieder gut und er wünschte sich ein Filetstück. Da ist leider kein Knochen dran. Aber heute habe ich Rind gekauft. Da soll der Hund auch seinen Knochen bekommen – er musste ja schon lange warten.“, sagte der Mann zwinkerte mit einem Auge.

Amadeo war überrascht, berührt und beschämt zugleich. Wie konnte er nur so falsch gelegen haben? Der Mann mochte Hunde ganz offensichtlich. Er lächelte und Amadeo lächelte zurück. „Vielleicht kommt mein Sohn beim nächsten Mal mit … er mag Hunde auch sehr und ist etwa so alt wie Euer Sohn.“, verabschiedete sich der Mann. Amadeo strahlte und sein Herz begann zu leuchten. Ein Weihnachtslicht leuchtete in ihm.

 

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(© Praxis Der Zuhörer – Steffen Zöhl, 2016)

 

 

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